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wegen: Wettbewerbsrecht
Streitwert: € 100.000,00
Wir bestellen uns zur Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin. Namens und in Vollmacht
der Klägerin erheben wir Klage und bitten um die Anberaumung eines Termins zur
mündlichen Verhandlung in dem wir beantragen werden,
1.
den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs die Bezeichnung “BRANCHENBUCH COTTBUS" oder “Branchenverzeichnis Cottbus"
in jeglicher Schreibweise (mit oder ohne Bindestrich, in Groß- oder Kleinbuchstaben) insbesondere im Internet sowie mit damit verbundenen Werbedienstleistungen zu verwenden und/oder verwenden zu
lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht, wie nachfolgend eingeblendet:
2.
ein als “Branchenbuch" bzw. “Branchenverzeichnis" bezeichnetes Adressen-Sammelwerk in den Verkehr
zu bringen und/oder bringen zu lassen, zu verwenden und/oder verwenden zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn in dem so bezeichneten Sammelwerk nicht alle
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oder nahezu alle Branchen und Betriebe der bezeichneten Region enthalten sind, wenn dies geschieht, wie in Anlage K 11a und Anlage K 13;
3.
den Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1. ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im
Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren anzudrohen;
4.
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den Umfang der seit Dezember 2004 begangenen Rechtsverletzungen gemäß Ziffer 1. zu erteilen unter Angabe über die Anzahl der Zugriffe
Dritter auf dieses Verzeichnis und die damit erzielten Umsätze unter Aufgliederung der entsprechenden Kostenfaktoren im Einzelnen;
5.
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin all jene Schäden zu ersetzen, die ihr durch
seine Handlungen gemäß Ziffer 1. seit Dezember 2004 entstanden sind und noch entstehen werden;
6.
dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen;
7.
das Urteil ggf. gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) für vorläufig vollstreckbar zu erklären;
hilfsweise
der Klägerin nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung (Bank-
oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.
Für den Fall der Anordnung eines schriftlichen Vorverfahrens beantragen wir bereits jetzt den Erlass eines
Anerkenntnis- oder Versäumnisurteils,
sofern die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß §§ 307, 331 Abs. 3 ZPO vorliegen.
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Begründung:
Mit ihrer Klage macht die Klägerin, die Herausgeberin der allseits bekannten “Gelben Seiten", wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen den Beklagten und sein Internet-Adressen-Sammelwerk
“Internet BRANCHENBUCH COTTBUS" geltend.
A. Die Klägerin
Die Klägerin ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG. Sie gibt gemeinsam mit ihren über 100 Partnerverlagen in ganz Deutschland die allseits bekannten und bereits seit über 40 Jahren
existierenden Telekommunikations- und Branchenverzeichnisse “Gelbe Seiten" heraus. Diese sind bekanntlich immer auf eine bestimmte Region zugeschnitten. Wir überreichen eine Kopie des aktuellen
Verzeichnisses “Gelbe Seiten für den Bereich Cottbus 2004/2005" (auf die wir noch in der rechtlichen Würdigung zurückkommen werden) als
Anlage K 1.
Das Original der “Gelben Seiten für den Bereich Cottbus 2004/2005" kann selbstverständlich in der mündlichen Verhandlung vorgelegt werden. Um einen entsprechenden richterlichen Hinweis vorab wird
jedoch höflich gebeten.
Das Branchenverzeichnis “Gelbe Seiten" ist auch online abrufbar unter der Internetadresse www.gelbeseiten.de bzw. www.gelbe-seiten.de. Bereits seit 1997 sind darüber hinaus alle drei wichtigen
Telekommunikationsverzeichnisse der Klägerin (“Das Telefonbuch", “Das Örtliche" und “Gelbe Seiten")
über ein gemeinsames Internetportal (www.teleauskunft.de) abrufbar und erscheinen zudem seit Jahren in Form von CD-ROMs. Zur Illustration überreichen wir farbige Ausdrucke der jeweiligen Startseiten als
Anlage K 2.
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Die “Gelben Seiten" werden im Internet monatlich durchschnittlich etwa 20 Mio, mal aufgerufen. Sie enthalten eine Übersicht zu ca. 6.400 Branchen mit rund 4,7 Millionen Gewerbetreibenden und liefern
detaillierte und aktuelle Dienstleistungs- und Produktinformationen von Unternehmen, Institutionen und
Freiberuflern. Grundlage der in den “Gelben Seiten" enthaltenen Daten ist der offizielle Datenbestand der Deutschen Telekom AG. Die kostenlosen Grundeinträge bestehen aus Name, Anschrift und
Telefonnummer des Anbieters. Alle branchenrelevanten Grundeinträge werden durch die Klägerin dem jeweils zuständigen Partnerverlag übermittelt. Die Partnerverlage der “Gelben Seiten" erweitern diese
Basisdaten um aussagekräftige Detailinformationen. Zusätzlich wird jeder Eintrag von den Verlagen mindestens einer Branche zugeordnet. Wir überreichen einen entsprechenden Internetausdruck
(“Wissenswertes über die Gelben Seiten") von der Website www.gelbeseiten.de, aus dem sich diese Angaben ergeben, als
Anlage K 3.
Weiterhin bieten wir an zum
Beweis:
Frau E. als Zeugin, zu laden über die Klägerin.
Die Klägerin vertreibt mit ihren verschiedenen Partnerverlagen derzeit über 100 Bände in einer Gesamtauflage von über 15 Millionen. Es handelt sich um eine der auflagenstärksten Buchpublikationen
überhaupt, die praktisch in jedem Haushalt in der Bundesrepublik vorhanden ist.
Beweis für sämtliche Zahlenangaben:
Frau E. als Zeugin, zu laden über die Klägerin
Die “Gelben Seiten" genießen eine überragende Verkehrsbekanntheit. Die Klägerin hat im Herbst 2002 eine Umfrage zur Bekanntheit und Zuordnung der Bezeichnung “Gelbe Seiten" durchgeführt. Diese fügen
wir als
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Anlage K 4
bei. Danach kennen bei gezielter Fragestellung (also unter Nennung der Warengruppe) 94,1 % “Gelbe Seiten" als Branchen - Telefonbuch, als CD Rom oder aus dem Internet. Insgesamt genießen die “Gelben
Seiten" eine Verkehrsgeltung von 61,2%. Eine jüngst mit derselben Fragestellung durchgeführte Umfrage vom August 2004 hat diese Ergebnisse bekräftigt und sogar noch übertroffen. Demnach haben nunmehr
sogar 95,9 % der Bevölkerung die Bezeichnung “Gelbe Seiten" im Zusammenhang mit “Branchen-Telefonbüchern / CD-ROM / Internet" schon einmal gehört oder gelesen. Auch die
Verkehrsdurchsetzung hat sich leicht erhöht, auf 61,5 %. Dieses Gutachten reichen wir als
Anlage K 5
zu den Akten.
B. Der Beklagte und seine Verletzungshandlung
Der Beklagte ist Inhaber und administrativer Ansprechpartner der beiden Domains www.branchenbuch-cottbus.de und www.branchenbuchcottbus. de. Wir überreichen entsprechende aktuelle DENIC-Auszüge als
Anlage K 6.
Unter diesen beiden Domains gibt der Beklagte ein Adressen-Sammelwerk “Internet BRANCHENBUCH COTTBUS" heraus. Ruft man die Seiten des Beklagten unter einer dieser beiden
Domains auf, erscheint folgende Startseite, die wir als Screenshot einblenden (die drei schwarzen Pfeile wurden diesseits eingefügt):
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Wie aus dieser Startseite und den Domainnamen ersichtlich, bezeichnet der Beklagte sein Adressen-Sammelwerk als “BRANCHENBUCH". Allerdings verwendet er ebenfalls und synonym die
Bezeichnung “Branchenverzeichnis", wie durch die drei Pfeile in dem eingeblendeten Screenshot verdeutlicht wird.
Der Beklagte bietet Unternehmen aus Cottbus und den umliegenden Gemeinden an, auf Antrag mit einem (bislang) kostenlosen Standardeintrag in seine Adressenliste aufgenommen zu werden. Hierfür muss der
Inserent ein Formular ausfüllen und unterschrieben an den Beklagten zurücksenden. Allen veröffentlichten Daten in der Liste des Beklagten liegen damit schriftliche Anträge der jeweiligen Unternehmen bzw.
Personen zugrunde. Allerdings gewährt der Beklagte den Antragstellern kein Recht darauf, tatsächlich auch in seine Adressenliste aufgenommen zu werden. Vielmehr behält er sich in seinen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (“Kostenfreie Einträge") vor, Einträge nach “individueller Abwägung" nicht vorzunehmen (Abs. 3 der ,Präambel' - “Kostenfreie
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Einträge"), Anträge “gänzlich außer Acht zu lassen" (Ziffer 1.5. der AGB) oder “Bezeichnungen zu entfernen" (Ziffer 8.1. der AGB). Wir überreichen entsprechende Ausdrucke dieser Allgemeinen
Geschäftsbedingungen als
Anlage K 7.
Nach welchen Kriterien diese “individuelle Abwägung", das “Außer-Acht-Lassen eines Antrags" oder
die “Entfernung einer Bezeichnung" erfolgt, legt der Beklagte nicht offen. Festzuhalten bleibt, dass es sich bei der Liste des Beklagten um eine bloße Sammlung bestellter Adressen handelt, wobei er sich das
Recht vorbehält, gewisse Bestellungen nicht auszuführen.
Der Beklagte hatte sein Portal ursprünglich mit “BRANCHENBUCH COTTBUS - das Internetportal für Cottbuser Branchen" überschrieben. Daraufhin hat die Klägerin den Beklagten mit
unternehmensseitigem Einschreiben/Rückschein vom 21.12.2004 gemäß
Anlage K 8
abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Der Beklagte meldete sich mit Schreiben vom 28.12.2004, das wir als
Anlage K 9
vorlegen. Er weigerte sich, die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben, erklärte sich allerdings bereit, den bestimmten Artikel “das" aus seiner Bezeichnung zu entfernen. Im Übrigen aber weigerte er
sich weiterhin, auf die Bezeichnung “Branchenbuch" für sein Adressen-Sammelwerk zu verzichten. Daher wandte sich die Klägerin mit einem weiteren unternehmensseitigen Schreiben vom 29.12.2004 gemäß
Anlage K 10
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an den Beklagten und gab ihm erneut Gelegenheit, diese Angelegenheit außergerichtlich zu erledigen.
Auf dieses Schreiben hin fügte der Beklagte auf seiner Website den “rechtlichen Hinweis" ein, (“dieses
Branchenverzeichnis kann keine Vollständigkeit aller Berufsträger garantieren ") und erwiderte mit dem als
Anlage K lOa
beigefügten Schreiben vom 08.01.2005. Durch diesen Hinweis kann die Irreführung des Verkehrs durch die Bezeichnung des Internet Adressen-Sammelwerkes als “Branchenbuch" jedoch nicht ausgeschlossen
werden (hierauf kommen wir sogleich im Rahmen der rechtlichen Würdigung zurück).
Damit hält der Beklagte den wettbewerbswidrigen Zustand somit weiterhin aufrecht, so dass die Klägerin zur Wahrung Ihrer Rechte auf gerichtliche Hilfe angewiesen ist.
C. Rechtliche Würdigung
Der Klägerin stehen gegen den Beklagten wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatzfeststellung und Auskunftserteilung aufgrund der Verwendung der Bezeichnung
“BRANCHENBUCH COTTBUS" bzw. “Branchenverzeichnis" für das von ihm herausgegebene Online-Adressen-Sammelwerk zu.
Zwischen den Parteien besteht auch ein konkretes Wettbewerbsverhältnis um den Markt der Telefonbücher und Branchenverzeichnisse im Vertriebsgebiet der Beklagten (vgl. § 2 Abs.l Nr. 3 UWG).
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1. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche
Der Klägerin stehen gegen den Beklagten Ansprüche auf Beseitigung- und Unterlassung der Bezeichnung “BRANCHENBUCH COTTBUS" bzw. “Branchenverzeichnis" gemäß §§ 8 Abs. l, 3, 5 Ziffer l UWG
aus zwei Gesichtspunkten zu: Es handelt sich einerseits um eine unzulässige Allein- und Spitzenstellungsbehauptung (a) und andererseits um eine Irreführung des Verkehrs aufgrund der
hochgradigen Unvollständigkeit (b) und aufgrund des Hinweises auf ein “Buch" (c).
a) Allein- und Spitzenstellungsbehauptung
Zunächst stellt die Bezeichnung “BRANCHENBUCH COTTBUS" bzw. “Branchenverzeichnis" eine wettbewerbswidrige Alleinstellungs- bzw. Spitzenstellungsbehauptung im Sinne des § 5 UWG dar, weil
der Beklagte durch die Verwendung der Begriffe “Branchenbuch" bzw. “Branchenverzeichnis" implizit ausdrückt, er biete das einzige Branchenbuch bzw. Branchenverzeichnis in Cottbus an. Maßgeblich ist
insoweit stets der Maßstab des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 4 UWG Rdnr.
10.95 m.w.N.). Es ist anerkannt, dass insbesondere eine unzulässige Alleinstellungswerbung anzunehmen ist, wenn der Benutzer aufgrund der Bezeichnung irrig annimmt, es handle sich um den alleinigen Anbieter
solcher Leistungen. Ebendieser Fehlvorstellung wird der Verkehr vorliegend unterliegen. Hierauf die Klägerin den Beklagten bereits in der unternehmensseitigen Abmahnung vom 21.12.2004 (Anlage K 8)
hingewiesen.
Diese Alleinstellung bzw. Spitzenstellung wird vorliegend durch die Kombination einer geographischen Ortsangabe mit einer generischen Produktbezeichnung erreicht (Fezer/Mankowski, UWG 2005, §
4-S12 Rdnr. 42 m.w.N.): Indem der Beklagte die
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Bezeichnung “Branchenbuch" bzw. “Branchenverzeichnis" mit der Ortsbezeichnung “Cottbus" kombiniert, wird der Verkehr von einer Alleinstellung oder zumindest der Zugehörigkeit zu einer
Spitzengruppe ausgehen. Diese Vermutung liegt besonders nahe, wenn - wie vorliegend - der Singular eines generischen Begriffes verwandt wird (OLG München vom 10.6.2001 - 29 U 1594/01 -
rechtsanwalt-kempten.de; LG Duisburg NJW 2002, 2114 - anwalt-muelheim.de; s. a. Harte/Henning/Dreyer, a.a.O. § 5 Rdnr. 706). Tatsächlich aber ist der Beklagte gerade nicht der einzige
Anbieter derartiger Dienstleistungen und nimmt auch keine Spitzenstellung auf dem Cottbusser Markt der Branchenverzeichnisse ein. Insbesondere bietet auch die Klägerin unter Ihrer Domain www. gelbeseiten.de ein Online-Branchenverzeichnis sowie eine gedruckte Version “Gelbe Seiten für den
Bereich Cottbus" an (vgl. Anlage K l und K 2). Auch inhaltlich kann der Beklagte mit seinem Sammelwerk nicht in Anspruch nehmen, eine Allein- oder Spitzenstellung auf dem Markt einzunehmen
(hierauf kommen wir sogleich in Buchstabe b) zurück). Damit ist seine Bezeichnung insgesamt irreführend.
Wir überreichen als
Anlage K 11
ein Urteil des LG Frankfurt am Main vom 02.07.2004, mit welchem die Benutzung eines Adress-Sammelwerkes “Berliner Branchenbuch" als wettbewerbswidrig untersagt wurde. Dort führte die
Kammer auf Seite 6 aus:
“Im vorliegenden Fall -wird die [...] verwendete Bezeichnung “Berliner Branchenbuch" von den angesprochenen Verkehrskreisen [...] dahingehend verstanden, es handele sich um “das" Berliner
Branchenbuch, das etwa hinsichtlich Vollständigkeit und Aktualität etwas deutlich besseres bietet als die Konkurrenz"
Wenn die Bezeichnung “Berliner Branchenbuch" eine wettbewerbswidrige Alleinstellungs- und Spitzenstellungsbehauptung ist, muss dies auch für
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“BRANCHENBUCH COTTBUS" gelten (vgl. weiterhin “Tauchschule Dortmund" als Domairmame; OLG Hamrn GRUR-RR 2003, 289; rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde
durch den BGH, Beschluss v. 20.11.2003, Az. IZR117/03).
Verstärkt wird die Wettbewerbswidrigkeit insbesondere auch durch die beiden entsprechenden Domains des Beklagten www.branchenbuch-cottbus.de und www.branchenbuchcottbus.de. Denn auch hierdurch
wird suggeriert, dass es sich um das alleinige “Branchenbuch Cottbus" handelt. Zumindest aber wird der Eindruck erweckt, es werde der Zugang zu allen Branchenbüchern für den fraglichen Bereich, oder
zumindest den meisten eröffnet (vgl. etwa OLG München, NJW 2000, 2113 - rechtsanwaelte-dachau.de; OLG Celle MMR 2001, 531, 532 - anwalt-hannover.de). Dies ist aber nicht
der Fall, denn unter diesen beiden Adressen ist lediglich die Adressenliste des Beklagten abrufbar (darauf, dass diese Liste darüber hinaus in hohem Maße unvollständig ist, kommen wir sogleich unten in
Buchstabe b) zurück).
Die Irreführung der Verbraucher hätte beispielsweise ohne weiteres vermieden werden können, indem der Beklagte seiner Website einen Zusatz wie etwa seinen Namen hinzugefügt oder aber auf der Website
auf andere Anbieter hingewiesen hätte (vgl. BGH GRUR 2001, 1061, 1063 - Mitwohnzentrale.de; LG Frankfurt Urteil v. 02.07.2004 - Anlage K 11 - S. 6 a. E.).
b) Irreführung des Verkehrs durch die Bezeichnung “BRANCHENBUCH"
bzw. “Branchenverzeichnis"
Sowohl die Bezeichnung “BRANCHENBUCH" als auch die Bezeichnung “Branchenverzeichnis" sind allerdings auch noch unter einem zweiten Aspekt als unzutreffende produktbezogene Angabe (§ 5 Abs. 2
Satz l Nr. l UWG) irreführend:
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Durch die Begriffe “BRANCHENBUCH" bzw. “Branchenverzeichnis" wird dem angesprochenen Verkehr fälschlicherweise suggeriert, bei dem Adressen-Sammelwerk des Beklagten handele es sich
tatsächlich um ein zumindest nahezu vollständiges Verzeichnis aller Gewerbetreibenden in Cottbus. In der
Tat erwartet der Verkehr unter dem Titel “Branchenbuch bzw. -Verzeichnis" ein vollständiges, zumindest aber nahezu vollständiges Verzeichnis aller einschlägigen Branchen (vgl. etwa das OLG Köln. WRP
1996, 333, 336 re. Sp. a. E.). Tatsächlich aber ist die von dem Beklagten in das Internet eingestellte Liste jedoch lediglich eine in hohem Maße unvollständige Sammlung der Adressen derjenigen Personen,
die der Beklagte dort auf einen entsprechenden Antrag eingetragen hat. Alle diejenigen, die keinen Antrag auf Aufnahme in das Verzeichnis stellen, erscheinen damit von vornherein nicht. Dies ist
offensichtlich die große Mehrheit der in Betracht kommenden Personen und Unternehmen. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zum Produkt “Gelbe Seiten" der Klägerin, welches auf den umfassenden
Daten der Deutschen Telekom AG beruht. Doch werden selbst die wenigen Personen, die überhaupt einen solchen Antrag auf Aufnahme in die Liste stellen, noch nicht einmal zwingend in diese Liste
aufgenommen. Vielmehr behält sich der Beklagte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Recht vor, bestimmte Bestellungen nicht auszuführen, außer Acht zu lassen oder nachträglich zu entfernen (vgl.
Anlage K 7).
Mithin handelt es sich bei der Adresssammlung des Beklagten um eine äußerst unvollständige und daher untergeordnete Zusammenstellung lediglich bestellter Adressen. Bei weitem sind dort nicht alle in Cottbus
tätigen Branchen verzeichnet und schon gar nicht - noch nicht einmal annähernd - alle in Cottbus tätigen Personen oder Unternehmen. Auch hierauf hat die Klägerin den Beklagten außergerichtlich zweimal
hingewiesen (Anlagen K 8 und K 10).
Wir belegen die Unvollständigkeit der Adressenliste des Beklagten lediglich beispielhaft anhand der Einträge zum Buchstaben “A" “K" und “R". Unter diesen
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Buchstaben verzeichnete der Beklagte in seinem Adressen-Sammelwerk zuletzt 22 Branchen (Buchstabe “A"), 16 Branchen (Buchstabe “K") und 11 Branchen (Buchstabe “R"), wie sich aus entsprechenden
Screenshots
Anlage K 11a
ergibt.
Selbstverständlich gibt es in Cottbus aber mehr als 22 Branchen, die mit dem Buchstaben “A" beginnen, mehr als 16 mit dem Anfangsbuchstaben “K" und mehr als 11 mit dem Anfangsbuchstaben “R".
Betrachtet man zum Vergleich das entsprechende aktuelle, von der Klägerin herausgegebene Branchenverzeichnis “Gelbe Seiten für den Bereich Cottbus 2004/2005", finden sich unter dem
Buchstaben “A" etwa 100 verschiedene Branchen (ohne die zahlreichen Unterrubriken etwa bei Ärzten
mitzuzählen). Zu Buchstabe “K" findet sich sogar über hundert und zu Buchstabe “R" über 40 Branchen (ohne die zahlreichen Unterrubriken etwa bei Rechtsanwälten mitzuzählen). Wir überreichen zum
Beweis: Kopie der Seiten 245, 250/251 und 253/254
der “Gelben Seiten für den Bereich Cottbus 2004/2005" als
Anlage K 12.
Diese Unvollständigkeit des Verzeichnisses des Beklagten rührt daher, dass er lediglich beantragte bzw. bestellte Adressen in seine Liste aufnimmt und, anders als die Klägerin, also nicht systematisch die
branchenrelevanten Grundeinträge aus dem Datenbestand der Deutschen Telekom AG verwertet. Alleine eine solche Vorgehensweise kann die maximal mögliche Datenvollständigkeit gewährleisten.
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Hinzu kommt ein weiterer Unvollständigkeitsaspekt: Nicht nur verzeichnet die Liste des Beklagten, wie gezeigt, lediglich einen Bruchteil der in Betracht kommenden Branchen: Unter den meisten der von dem
Beklagten unter Buchstabe “A" aufgeführten Branchen sind bei dem Beklagten darüber hinaus regelmäßig lediglich ein bis fünf Einträge verzeichnet. Allenfalls bei “Apotheken" und “Augenoptik" finden sich etwas
mehr Einträge. Weiterhin verzeichnet der Beklagte in seinem Verzeichnis lediglich eine einzige Krankenkasse und lediglich 15 Rechtsanwälte. Auch hier überreichen wir zum
Beweis: Ausdrucke der Rubriken “Apotheken", “Augenoptiker", “Architekten",
“Krankenkassen" und “Rechtsanwälte" aus der Website des Beklagten als
Anlage K 13.
Allerdings gibt es in Cottbus selbstverständlich mehr als eine Handvoll Apotheken, Augenoptikern, Architekten und Rechtsanwälten. Natürlich gibt es auch mehr als eine einzige (!) Krankenkasse. Auch
hier mögen wiederum die einschlägigen “Gelben Seiten" der Klägerin als Beleg dienen: Wir legen entsprechende Ausdrucke aus dem Online-Verzeichnis zu den der Rubriken “Apotheken",
“Augenoptiker", “Architekten", “Krankenkassen" und “Rechtsanwälte" als
Anlage K 14
vor. Aus dieser Anlage ergibt sich, dass es bereits zu den “Apotheken" mehr als doppelt so viele Einträge
gibt, wie bei dem Beklagten aufgelistet. Ein ähnliches Verhältnis gilt für die “Augenoptiker" und
“Architekten". Rechtsanwälte verzeichnen die “Gelben Seiten" 115 (anstelle von 15 des Beklagten) und Krankenkassen neun (anstelle von l bei dem Beklagten).
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Eine simple Adressliste, die darüber hinaus hochgradig unvollständig ist darf nicht als “Branchenverzeichnis", “Branchenbuch" etc. bezeichnet werden, wenn es eine reine Sammlung weniger
bestellter Adressen darstellt. Hierdurch werden die Verbraucher über die Art des Produkts und dessen Gattungszugehörigkeit erheblich getäuscht (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage,
2004, § 5 UWG Rdnr. 4.128; vgl. auch Fezer/Pfeifer, § 5 Rdnr. 266f). Bei der Adressenliste des Beklagten handelt es sich um eine solche unvollständige Sammlung verhältnismäßig weniger bestellter
Adressen. Diese bloße Sammlung von Adressen ist daher ihrer Art nach nicht der Gattung “Branchenbuch" bzw. “Branchenverzeichnis" zuzuordnen sondern der Gattung einer simplen “Adressliste"
oder “Adresssammlung". Sie darf daher auch nicht mit den Begriffen “Branchenbuch" oder “Branchenverzeichnis" bezeichnet und beworben werden.
Diese Unzulässigkeit ist in einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen immer wieder bestätigt worden (s. beispielhaft: OLG Köln WRP 1996, 333). Insbesondere auch das bereits als Anlage K 11 vorgelegte
Urteil des LG Frankfurt v. 02.07.2004 - Berliner Branchenbuch - hat dies so entschieden (S. 7 des Urteils):
“ Wie die Antragstellerin - unter Hinweis auf eine Fülle dazu ergangener Rechtsprechung - zutreffend vorgetragen hat, verstehen die angesprochenen Verkehrskreise unter der Bezeichnung
“ Branchenbuch "ein vollständiges Verzeichnis aller Branchen und Betriebe der jeweils bezeichneten Region. Der seit Jahrzehnten gebräuchliche Begriff ,,Branchenbuch" bezeichnet nach
allgemeiner Anschauung ein (fast)vollständiges Verzeichnis aller Branchen und Betriebe. "
Auch ein weiteres Urteil des LG Frankfurt vom 31.03.2004 - Branchentelefonbuch -
Anlage K 15,
bestätigt dies. Mit folgenden Worten untersagte das LG Frankfurt auf Seite 5 dieses Urteils die Benutzung der Bezeichnung “Branchentelefonbuch" für ein
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Adressverzeichnis unter dem Gesichtspunkt der Irreführung, anhand der soeben aufgezeigten Argumentation (ebenso: OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.02.2004 - Az. 6 W 19/04 (3/12 O 1/04 LG
Frankfurt) und weitere Entscheidungen, Az. 6 U 120/96, Az. 6 W 74/97):
“Die Verwendung “Branchentelefonbuch" für das von der Antragsgegnerin zusammengestellte Adressenverzeichnis wendet sich an Endverbraucher, so dass es für das Verständnis dieser Bezeichnung
auf einen durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher ankommt, der die Bezeichnung “Branchentelefonbuch" liest. Dieser erwartet bei einem Branchentelefonbuch eine vollständige Zusammenstellung der Adressen und Anschlüsse aller in Betracht kommenden Personen."
Die Irreführung des Verkehrs kann der Beklagte auch nicht durch den lapidaren “rechtlichen Hinweis" auf seiner Seite ausschließen, wonach sein
“Branchenverzeichnis [...] keine Vollständigkeit aller Berufsträger garantieren [kann] ".
Vorliegend geht es nicht darum, ein Detail oder eine Modalität einer als solcher ansonsten zulässigen Produktbezeichnung anzugreifen. Vielmehr geht es darum, dass bereits die Verwendung des
Gattungsbegriffes “BRANCHENBUCH" bzw. “Branchenverzeichnis" für eine simple und in hohem Maße unvollständige Adressliste als solche irreführend und wettbewerbswidrig ist, da eine solche Liste
nicht zur Gattung der Branchenbücher, bzw. -Verzeichnisse gehört.
Da das Adressensammelwerk des Beklagten aber lediglich einen minimalen Anteil der Cottbusser Branchen und innerhalb dieser Branchen wiederum auch nur einen Bruchteil der in Betracht kommenden
Einträge enthält, darf der Beklagte diese unvollständige Liste auch nicht “Branchenbuch" oder
“Branchenverzeichnis" nennen. Hieran kann auch der “rechtliche Hinweis" nichts ändern, denn ein solcher Hinweis kann, wenn überhaupt, nur bei missverständlichen Begriffen hilfreich sein,
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nicht aber bei einer objektiv unzutreffenden, eine andere Produktgattung betreffenden Bezeichnung (vgl. Harte/Henning/Weidert, a.a.O. § 5 Rdnr. 376 a.E.).
Zu diesem “rechtlichen Hinweis" des Beklagten sei im Übrigen noch ergänzend angemerkt, dass er ohnehin ungenügend ist: Er spricht lediglich davon, dass nicht die Vollständigkeit aller “Berufsträger"
garantiert werden könne. Der Vorwurf der Klägerin bezieht sich aber vorliegend nicht nur auf die Unvollständigkeit der “Berufsträger" innerhalb der verzeichneten Branchen sondern bereits auf die
Unvollständigkeit der “ Branchen " selbst. Die Unvollständigkeit der Branchen aber wird von dem Hinweis nicht erfasst, so dass dieser Hinweis die Wettbewerbswidrigkeit diesbezüglich ohnehin nicht
ausschließen kann.
c) Weitere Irreführung des Verkehrs durch die Bezeichnung “BRANCHENBUCH"
Hinsichtlich der von dem Beklagten verwandten Bezeichnung “BRANCHENBUCH" kommt schließlich ein weiterer Aspekt der Irreführung erschwerend hinzu: Unter einem “Buch" wird nach allgemeinem
Sprachverständnis ein Druckereierzeugnis aus Papier verstanden. Indem der Beklagte in der Mitte seiner
Startseite (siehe obigen Screenshot) ein stilisiertes Buch in grüner Farbe abgebildet hat, das mit dem Titel “BRANCHENBUCH COTTBUS" beschriftet ist, leistet diesem Verständnis Vorschub. Mithin
suggeriert der Beklagte dem Nutzer auch mit seiner Gestaltung der Webseite, dass zu diesem Internetauftritt auch ein gedrucktes Telefon- und Branchenverzeichnis existiert. Im Unterschied zu den
“Gelben Seiten" etwa gibt es das Angebot des Beklagten aber nicht in Druckform. Auch hierüber wird der Verkehr somit durch die Bezeichnung “BRANCHENBUCH" und das stilisierte Buch auf der
Website getäuscht.
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2. Schadensersatzfeststellungsanspruch
Der Schadensersatzanspruch hat seine Grundlage in § 9 Satz l UWG. Dem Beklagten war die Wettbewerbswidrigkeit spätestens seit der Abmahnung durch die Klägerin bekannt. Spätestens ab
diesem Zeitpunkt hat er vorsätzlich, zumindest aber bewusst fahrlässig gehandelt. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich einerseits aus den Schadensberechnungsschwierigkeiten und
andererseits aus dem Interesse die kurze Verjährung des § 11 Abs. l UWG zu unterbrechen (vgl. Harte/Henning/Bergmann, a.a.O. § 9 Rdnr. 136). Auch dieser Anspruch ist auf den Zeitraum ab
Dezember 2004 (Kenntnis der Klägerin von der Verletzungshandlung) begrenzt.
3. Auskunftsanspruch
Der Auskunftsanspruch folgt aus dem Schadensersatz- und dem Unterlassungsanspruch bzw. aus Gewohnheitsrecht und § 242 BGB und ist auf den Zeitraum ab Dezember 2004 (Kenntnis der Klägerin
von der Verletzungshandlung) begrenzt.
4. Zulässigkeitsfragen
Das angerufene Gericht ist nach § 32 ZPO örtlich zuständig. Tatort ist insbesondere auch Frankfurt, da der Beklagte seine Dienstleistungen über das Internet anbietet. Daher ist antragsgemäß zu entscheiden.
Rechtsanwalt
Dr. J. F.
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