2. Erwiderung vom Anwalt des Beklagten:
2. Dezember 2005
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Landgericht Frankfurt am Main
Gerichtsstr. 2
60313 Frankfurt am Main
12 75/05 HS06 S/1/S
(bitte stets angeben) Cottbus, 02.12.2005
In Sachen
DeTeMedien Deutsche Telekom Medien gg. Friedrich W.
- Az.: 2-03 O 320/05 -
wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18.10.2005 wie folgt erwidert:
Die Voraussetzungen zur Gewährung von Prozesskostenhilfe sind erfüllt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesseits auf den Schriftsatz vom 15.09.2005
verwiesen.
Allein der Hinweis, dass mehrfach Entscheidungen zugunsten der Klägerin erzielt werden konnten, entbindet nicht von der Prüfung des Einzelfalles. Daher wird im Einzelnen nochmals auf Folgendes hingewiesen:
1. Wettbewerbshandlung
Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass nach der Definition des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 UWG für eine Wettbewerbshandlung nicht erforderlich ist, dass ein Unternehmen handelt. Allerdings ist bei dem Begriff der
Wettbewerbshandlung eine Forderung zumindest auch eines fremden Unternehmens erforderlich.
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Nach der Auffassung der Klägerin bedeutet dies nun, dass jemand, der eine öffentlich zugängliche Adresssammlung anbietet, damit zugleich jedes aufgeführte Unternehmen fördert. Dies ist vorliegend
keinesfalls gegeben. Der Beklagte beabsichtigte allein aus privaten Interessen heraus, den Einwohnern der Stadt Cottbus und der Umgebung eine Informationsquelle zur Verfügung zustellen. Im Hinblick auf
die Klägerin würde dies bedeuten, dass diese durch Erstellung der Gelben Seiten Willens ist, alle darin angegebenen Firmen fördern zu wollen. Aus der Definition des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 UWG geht allerdings
hervor, dass eine direkte Förderung anderer Unternehmen gegeben sein muss. Dies ist allerdings nicht der Fall. Durch die Erstellung einer Adressliste bzw. des Verzeichnisses ist es lediglich möglich, die
Nutzer darüber zu informieren, dass es bestimmte Anbieter in einem bestimmten Wirtschaftssektor gibt. Wie sich dieser dann entscheidet und ob er den einen oder anderen Angegebenen wählt, bleibt alleine
seine Entscheidung. Es ist daher nicht einmal ersichtlich, dass dadurch der Absatz oder Bezug von Waren oder die Erbringung oder der Bezug von Dienstleistungen dadurch für ein Unternehmen gefördert wird.
Darüber hinaus würde es für den Beklagten als auch die Klägerin bedeuten, dass sie sich in einem Interessenkonflikt befindet, wenn in einem bestimmten Bereich, wie z. B. den Apotheken, verschiedene
Anbieter aufgeführt werden. Nach der Definition des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 UWG kommt es auf die Förderung eines fremden Unternehmens an. Dieses Erfordernis kann allerdings nicht erfüllt werden, wenn
in einem bestimmten Bereich verschiedene Konkurrenten angegeben werden. Der Interessenkonflikt besteht dann darin, dass, eine Förderungsabsicht beim Beklagten unterstellt, dieser dann durch die
Angabe mehrerer auch die Konkurrenten eines Unternehmens fördert. Somit kann weder der Beklagte, noch die Klägerin im Interesse eines Unternehmens tätig werden. Daher fehlt es eben an der notwendigen
Förderung eines Unternehmens.
2. Konkurrenzverhältnis
Als Voraussetzung für den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch ist es gemäß § 8 Abs. 3 Ziffer 1 erforderlich, dass es sich bei dem Beklagten um einen Mitbewerber handelt. Auch der Begriff des
Mitbewerbers ist im UWG definiert. Gem. § 2 Abs. 1 Ziffer 3 UWG ist ein Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder
Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Damit ist für die Prüfung des bestehenden Konkurrenzverhältnisses erforderlich, dass es sich bei dem Beklagten um einen Unternehmer handelt.
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Wie der Begriff des Unternehmens definiert ist, wurde im Schriftsatz vom 15.09.2005 auf Seite 4 dargelegt. Es ist erforderlich, dass eine auf Dauer angelegte, selbständige wirtschaftliche Betätigung
vorliegt, die darauf gerichtet ist, Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt zu vertreiben. Entgeltlich im
Sinne dieser Definition bedeutet, dass die Tätigkeit des Beklagten auf die Erzielung einer Gegenleistung gerichtet sein muss (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 2, Rd-Nr. 8). Der
Beklagte schaltet weder eine Werbung auf seiner Homepage, noch ist der Eintrag mit irgendwelchen Kosten und Gebühren verbunden. Eine Entgeltlichkeit der Tätigkeit liegt daher nicht vor. Der diesseitige
Vortrag zielte daher darauf ab, aufzuzeigen, dass die Definition des Unternehmens nicht erfüllt ist. Insoweit geht die Klägerin irrig davon aus, dass diesseits mit einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht
argumentiert wird.
Da somit, wie aufgezeigt, der Begriff des Unternehmens durch den Beklagten nicht erfüllt ist, mangelt es am Konkurrenzverhältnis und damit an der Grundlage für die Geltendmachung der Ansprüche.
3. Unlautere Allein- und Spitzenstellungsbehauptung
Ein Irreführen der Verbraucher im Hinblick darauf, dass durch die Verwendung der Begriffe Branchenbuch bzw. Branchenverzeichnis der Eindruck erweckt werde, dass eine nahezu vollständige
Liste an Unternehmer der Region angeboten wird, verfängt schon alleine deshalb nicht, weil auf der Eingangsseite der Homepage eindeutig dargestellt ist, dass das Verzeichnis unvollständig ist. Wie es bei
dem Vorliegen einer entsprechenden Erklärung zu einer Irreführung von Verbrauchern kommen soll, ist diesseits nicht nachvollziehbar. Wenn der Beklagte darauf hinweist, dass sein Verzeichnis unvollständig
ist, kann die Klägerin nicht behaupten, dass der angesprochene Verbraucherkreis von einer Vollständigkeit des Verzeichnisses ausgeht.
Daher verfangen die Ausführungen der Klägerin auf Seite 3 des Schriftsatzes nicht.
Darüber hinaus ist jeder Einzelfall selbst zu überprüfen und kann nicht durch Übernahme anderer Urteile, die eine andere sachliche Grundlage haben, ersetzt werden. Selbstverständlich ist daher im vorliegenden
Fall die Besonderheit des Internets zu berücksichtigen. Wie bereits im Schriftsatz vom 15.09.2005 ausgeführt, finden sich bei der Eingabe der Suchbegriffe
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Branchenbuch und Cottbus bei der Internetsuchmaschine Google ungefähr 201.000 Eintragungen.
Beweis: Ausdruck der ersten 10 Suchergebnisse mit Gesamtergebniszahl der
Internetsuchmaschine Google (Anlage B1)
Gibt man bei Google allein den Begriff Branchenbuch ein, so wird auf ungefähr 6.240.000 Eintragungen verwiesen.
Beweis: Ausdruck der Suchergebnisliste der Internetsuchmaschine Google
bezüglich des Begriffes Branchenbuch (Anlage B2)
Es ist allein vor dem Hintergrund der Suchergebnisse fraglich, ob irgendein Verbraucher davon ausgeht, dass der Beklagte unter den ganzen gefundenen Suchergebnissen eine Spitzenstellung einnimmt. Es mag
daher richtig sein, dass derselbe Verbraucherbegriff auch bei Wettbewerbshandlungen im Internet zugrunde gelegt wird, allerdings ist dabei unabhängig vom Verbraucherbegriff das spezifische
Anwendungsverhalten im Internet zu berücksichtigen. Dabei, wie bereits ausgeführt, wird der durchschnittliche Benutzer des Internets eine Internetsuchmaschine benutzen, um eine bestimmte
Homepage zu finden, da er in der Regel die korrekte Schreibweise bzw. die korrekte Internetadresse nicht kennt.
Beweis: Sachverständigengutachten
Da der durchschnittliche Benutzer des Internets die konkrete Internetadresse nicht kennt, wird er eine Suchmaschine benutzen, sodass er die bereits angegebenen Suchergebnisse in dem genannten Umgang
erhält. Eine Allein- und Spitzenstellungsbehauptung des Beklagten liegt fern jeder Realität.
4. Eigenes widersprüchliches Verhalten
Wie sich aus den Anlagen B1 und B2 ergibt, benutzt auch die Klägerin als Verlegerin der Gelben Seiten den Begriff Branchenbuch. Insoweit wird auf die Werbeanzeige der ausgedruckten Suchergebnisse
verwiesen, wo über der Internetadresse www.gelbeseiten.de der Begriff Branchenbuch steht. Damit nimmt also die Klägerin selbst die von ihr behauptete Allein- und Spitzenstellung in Anspruch. Daher stellt
sich hier die Frage, ob dies tatsächlich so ist oder ob nicht andere im Internet vorhandene Branchenverzeichnisse
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die gleiche Vollständigkeit aufweisen, wie das der Klägerin.
5. Irreführende produktbezogene Angabe
Wie bereits mehrfach ausgeführt, weist der Beklagte ausdrücklich darauf hin, dass sein Verzeichnis unvollständig ist. Wie dann Raum für eine Irreführung verbleibt, ist nicht nachvollziehbar. Insoweit ist das
Urteil des OLG München auf diesen Fall nicht übertragbar.
Soweit sich die Klägerin auf die Irreführung des relevanten Verkehrskreises bezieht, so sollte sie darlegen, woraus dieser Verkehrskreis besteht. Geht es dabei generell um Internetbenutzer oder allein
um Internetbenutzer, die nach einem Internetbranchenbuch suchen? Nach diesseitiger Auffassung ist der durchschnittliche internetbenutzer zugrunde zu legen. Dieser ist, wie bereits ausgeführt, mit den
Besonderheiten des Internets vertraut und wird in der Regel über eine Suchmaschine eine bestimmte Homepage suchen. Daher kann der Unterschied nicht gemacht werden, ob dieser Internetbenutzer eine
Autovermietung, einen Rechtsanwalt oder eben ein Branchenbuch sucht. Dieser Verkehrskreis hat in jedem Bereich die gleiche Erwartungshaltung bezüglich der Vollständigkeit irgendwelcher Listen. Wenn
nun die Rechtsprechung sagt, dass der durchschnittliche Verbraucher, der im Internet nach einer Autovermietung oder einem Rechtsanwalt sucht und auf eine allgemein beschriebene Seite verwiesen
wird, nicht davon ausgehen darf oder kann, dass diese Liste vollständig ist, so hat dies auch im Bereich des Suchbegriffes Branchenbuch zu gelten.
Nach alledem ist dem PKH-Antrag stattzugeben. Im Hinblick darauf, dass auf Donnerstag, den 15.12.2005 der Termin anberaumt ist und aufgrund der Ortsverschiedenheit wird daher gebeten, bis spätestens 12.12.2005
über den PKH-Antrag entschieden zu haben.
- RA Scharmach -