1. Erwiderung vom Anwalt der Klägerin:
18. Oktober 2005
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Landgericht Frankfurt
3. Zivilkammer
Gerichtsstaße 2
60313 Frankfurt am Main
München, den 18. Oktober 2005
Unser Zeichen (bitte stets angeben): DETEM 0103/TMU
Az. 2-03 O 320/05
In der Sache
DeTeMedien Deutsche Telekom Medien GmbH,
g e g en
Friedrich W.
kommen wir zurück auf das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten vom 15. September, eingegangen am 27. September 2005 und replizieren hierauf binnen der vom Gericht gesetzten Frist wie folgt:
Die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe sind nicht erfüllt: Insbesondere bietet die Rechtsverteidigung des Beklagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn die Klage ist in vollem Umfang begründet. Das
behauptete Unvermögen des Beklagten, die Kosten der Prozessführung zu tragen, wird mit Nichtwissen bestritten. Das Prozesskostenhilfegesuch ist daher zurückzuweisen.
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In der Sache verweisen wir zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf unseren bisherigen Vortrag in der Klageschrift vom 30. Mai 2005, in der wir zu den meisten der Punkte, die der Beklagte in
seinem Gesuch aufwirft, bereits eingehend Stellung genommen haben. Wir haben unsere Rechtsauffassung anhand zahlreicher Rechtsprechungsnachweise, insbesondere auch des angerufenen Gerichts, umfangreich belegt.
Darüber hinaus sei Folgendes vorgetragen:
1. Wettbewerbshandlung
Entgegen den anders lautenden Ausführungen des Beklagten (S. 4 des Prozesskostenhilfegesuchs) liegt eine Wettbewerbshandlung im Sinne des UWG vor, denn mit seiner (freilich unvollständigen)
Adressenliste fördert der Beklagte den Wettbewerb derjenigen fremden Unternehmen, die er auf entsprechenden Antrag in seine Liste eingetragen hat. Bezüglich der Definition des “Unternehmens" irrt
der Beklagte allerdings im Hinblick auf den Bezugspunkt der von ihm zitierten Definition: Es ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts von § 2 Abs. l Nr. l UWG nicht erforderlich, dass es sich bei dem Beklagten
um ein Unternehmen im Sinne dieser Definition handelt. Ausreichend ist es insbesondere vielmehr, dass der Beklagte den Wettbewerb eines fremden Unternehmens fördert. Dieser Unternehmensbezug ist
vorliegend durch die Eintragung in die Adressenliste gegeben. Dies arbeitet der Beklagte in seinem Prozesskostenhilfegesuch auch selbst heraus, wenn er auf S. 3 (2. Abs.) ausführt:
“Der Homepage liegt die Idee zugrunde, ein internettaugliches Sammelwerk der Unternehmen und Unternehmer der Region anzubieten. [...] es [kommt] hier im Wesentlichen darauf an, dass
der Internetbenutzer in dem vom Beklagten angebotenen Verzeichnis einen Hinweis auf die Homepage und e-mail-Adressen des Anzeigenden findet".
Es ist also ausdrückliches Ziel des Beklagten, es durch seine Adressenliste den Interessierten zu ermöglichen, die Anbieter der gewünschten Produkte in Cottbus aufzufinden, um anschließend mit ihnen
ins Geschäft zu kommen. Dies ist eine typische Wettbewerbshandlung im Sinne des UWG, denn dadurch fördert der Beklagte mit seiner Adressenliste den Wettbewerb ebendieser Unternehmen. Vorsorglich sei
darauf hingewiesen, dass es nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung im Wettbewerbsrecht ohnehin auf eine Gewinnerzielungsabsicht gerade nicht ankommt (vgl. nur Baumbach/Hefermehl, § 2
Rdnr. 8 m.w.N. zur Rechtsprechung des BGH).
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2. Unlautere Allein- und Spitzenstellungsbehauptung
Die Verwendung der Bezeichnungen “Branchenbuch Cottbus" bzw. “Branchenverzeichnis" stellt eine unzulässige Allein- und Spitzenstellungsbehauptung dar, da die höchst unvollständige Liste des Beklagten
tatsächlich die derartig beanspruchte Allein- und/oder Spitzenstellung nicht einnimmt.
Wir haben in der Klageschrift vom 30. Mai 2005 (dort S. 7) anhand eines Screenshots der streitgegenständlichen Websites belegt, dass der Beklagte sowohl den Begriff “Branchenverzeichnis" als
auch den Begriff “Branchenbuch" verwendet. Insofern ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte in seinem Prozesskostenhilfegesuch vom 15. September 2005 (dort S. 2 f und 5) nun vorträgt, dieser
Sachvortrag sei “unzutreffend" und “falsch". Aus dem besagten Screenshot in der Klageschrift ist ersichtlich, dass der Beklagte den Begriff “Branchenverzeichnis" verwendet; die Ausführungen des
Beklagten sind insoweit auch widersprüchlich, weil er auf S. 3 seines Prozesskostenhilfegesuchs (dort Zeile 3) selbst zugesteht, dass er den Begriff “Branchenverzeichnis" verwendet; gegen diese beiden
Begriffe richtet sich die Klage.
Der Durchschnittsverkehr wird irregeführt: Durch die Kombination des Singulars einer generischen Produktangabe (“Branchenbuch/Branchenverzeichnis") in Verbindung mit einer geographischen
Ortsangabe (Cottbus") wird er von einer Alleinstellung bzw. der Zugehörigkeit zu einer Spitzengruppe unter den Branchenverzeichnissen im Bereich Cottbus ausgehen. Das Produkt des Beklagten steht
allerdings nicht an der Spitze der fraglichen Branchenverzeichnisse und gehört auch nicht zur Spitzengruppe, da es in hohem Maße unvollständig ist; dies haben wir in unserer Klageschrift eingehend
dargelegt und unter Beweis gestellt. Der Beklagte bestreitet die hochgradige Unvollständigkeit auch - soweit ersichtlich - nicht. Auf die Benutzung eines Komparativs, Superlativs oder die Verwendung eines
bestimmten Artikels kommt es hierbei nicht zwingend an, wie die zahlreichen in der Klage zitierten Rechtsprechungsnachweise belegen; dort wurden Bezeichnungen, wie etwa “rechtsanwalt-kempten",
“anwalt-muelheim", “tauchschule-dortmund" als wettbewerbswidrig gewertet.
Bekanntlich kann in der Tat kein Branchenverzeichnis eine absolute Vollständigkeit und Aktualität der
Daten garantieren. Daher fordert die Rechtsprechung auch lediglich eine “nahezu" bzw. “fast" gegebene
Vollständigkeit, wie etwa das auf Seite 16 der Klage zitierte Urteil des angerufenen Gerichts vom 2. Juli 2004 (Anlage K 11). Im Übrigen gehört die höchst unvollständige Liste des Beklagten bereits nicht in die
Gattung “Branchenbuch/Branchenverzeichnis", wie wir bereits auf S. 17 unserer Klage vorgetragen haben. Hierauf sei an dieser Stelle verwiesen.
Diese Einschätzung entspricht auch der Rechtsprechung des angerufenen Gerichts, wie wir bereits anhand Anlage K 11 dargelegt haben. Wenn die Bezeichnung “ Berliner Branchenbuch”
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von einem nicht unerheblichen Teil des Publikums dahin verstanden wird, dass der Werbende allgemein oder in bestimmter Hinsicht für sich eine Spitzenstellung auf dem Markt in Anspruch nimmt (so wörtlich
das angerufene Gericht in seinem als Anlage K 11 vorgelegten Urteil, dort S. 6), muss dies ebenso für die hier streitgegenständlichen Bezeichnungen “Branchenbuch Cottbus" gelten. Ein sachlicher Unterschied
besteht zwischen diesen beiden Fällen nicht.
Auch kann sich der Beklagte nicht auch eine andere Praxis im Internet berufen (S. 5 des Gesuchs). Auch im Internet gelten dieselben wettbewerbsrechtlichen Maßstäbe, wie im Übrigen. Wie der BGH erst
jüngst wieder betont hat, ist insbesondere auch von demselben Verbraucherleitbild auszugehen (BGH GRUR 2005, 438, 440 - Epson Tinte). Weder gibt es eine Internetspezifität bei der inhaltlichen
Beanstandung, noch eine spezifische Verkehrsanschauung im Internet (vgl. statt vieler Fezer/Mankowski, UWG 2004, § 4-S12 Rdnr. 6 ff).
Die Tatsache, dass auch Dritte im Internet entsprechende Dienstleistungen anbieten (S. 3 des Gesuchs), kann den Beklagten entgegen seiner Auffassung auch nicht entlasten. Lediglich ergänzend teilen wir mit,
dass die Klägerin konsequent gegen vergleichbare Wettbewerbsverstöße vorgeht. Sie hat beispielsweise in jüngster Zeit einstweilige Verfügungen gegen folgende Wettbewerbsverstöße erwirkt:
-“Branchenbuch" (Beschluss des LG Hamburg vom 27. September 2005, Az. 416
O 244/05 - First Web Media);
“Das Branchenbuch für Bayern" und “Branchenbuch" (Beschluss des LG Hamburg vom 8. Juni
2005, Az. 315 O 375/05 - Landkreis Online);
“Das Branchen Verzeichnis für die Region Westsachsen" bzw. “Das Branchen
Verzeichnis für die Region Ostsachsen" (Beschluss des LG Harnburg vom 17.
Juni 2005, Az. 312 O 462/05 - Branchen Westsachsen usw.).
Wir überreichen diese Beschlüsse als
Anlagenkonvolut K 16.
An dieser Irreführung kann auch der Hinweis des Beklagten auf seiner Website, wonach sein “Branchenverzeichnis keine Vollständigkeit aller Berufsträger garantieren" könne, nichts ändern. Dieser
Hinweis bezieht sich eben nicht auf die Existenz weiterer Anbieter von Branchenbüchern bzw. Branchenverzeichnissen für den Bereich Cottbus (vgl. BGH GRUR 2001, 1061, 1064 -
mitwohnzentrale.de). Dies hat der Beklagte offensichtlich auch selbst so gesehen, da er dies mittlerweile nachgeholt hat und auf seiner Internetseite nunmehr einen Hinweis auf
“ eine Auswahl anderer Internet Branchenbücher für die Region Cottbus "
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angebracht hat,
Anlage K 17.
Der irrige Hinweis des Beklagten, aufgrund der Bekanntheit der “Gelben Seiten" wüsste der Verkehr auch ohne Hinweis, dass es andere Verzeichnisse gäbe, kann ihn selbstverständlich auch nicht entlasten
(so aber S. 2 des Gesuchs). Es wäre absurd, eine Rechtsverletzung deshalb zu verneinen, weil die Klägerin über eine einschlägige berühmte Marke verfügt. Damit würde der wettbewerbsrechtliche Schutz
der Inhaber berühmter bzw. bekannter Marken ohne Grund eingeschränkt. Eine solche restriktive Auslegung findet im Gesetz keine Stütze. Im Übrigen belegen die Gutachten sehr wohl die Bekanntheit
der Marke “Gelbe Seite". Sollte die Kammer diesbezüglich weitere Ausführungen für notwendig erachten, bitten wir höflich um einen ausdrücklichen richterlichen Hinweis.
3. Irreführende produktbezogene Angabe
Auch kann sich der Beklagte nicht mit seinen weiteren Ausführungen zur Irreführung des Verkehrs durch die Bezeichnungen “Branchenbuch" und “Branchenverzeichnis" für eine unvollständige
Adressensammlung entlasten. Über unseren bisherigen Vortrag hinaus sei hier das weitere Urteil des OLG München vom 12.06.1997 - Branchenbuch - herangezogen,
Anlage K 18.
Das OLG hat sich in diesem Urteil intensiv mit der Frage der Irreführung des Verkehrs beschäftigt und sogar Beweis hierüber erhoben. Aufgrund der Beweiswürdigung kam es zu der Auffassung (S. 21):
“ Was die Verwendung des Begriffs “ Branchenbuch " angeht, hat das Landgericht zutreffend dem Unterlassungsantrag stattgegeben. Der Verkehr nimmt in erheblichem Umfang an, daß die
so betitelten Verzeichnisse hinsichtlich der aufgeführten Branchen und der aufgenommenen Gewerbetreibenden/Freiberufler zumindest nahezu vollständig sind, und unterliegt somit einer Täuschung
. Bei den von der Beklagten herausgegebenen Verzeichnissen ist dies unstreitig nicht der Fall"
(Hervorhebungen - wie stets - diesseits).
Das OLG München hatte aufgrund seiner Beweisaufnahme bei geschlossener Fragestellung festgestellt, dass 66% der Gewerbetreibenden und 51% der Konsumenten erwarten, dass in ein “Branchenbuch" alle
oder nahezu alle Gewerbetreibenden Eingang finden (Anlage K18, S. 22).
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Diese Werte werden durch eine unlängst von dem renommierten Meinungs- und Rechtsforschungsinstitut tns-infratest im Auftrag der Klägerin durchgeführte Verkehrsbefragung aus Juli 2005 bestätigt. Bei
gestützten Fragen gehen zwei Drittel (66,7%) bzw. mehr als die Hälfte (59,0 %) aller Befragten von einem Eintrag (nahezu aller Branchen bzw. (nahezu) aller Firmen aus. Im Verkehrskreis der Nutzer von
Branchenverzeichnissen sind es sogar 77,9% bzw. 65,3%. Wir überreichen eine Kopie dieses Gutachtens (“Branchenverzeichnisse Erwartungen zum Umfang der Eintragungen von Branchen und Firmen") als
Anlage K 19.
Aufgrund dieser Zahlen ist nachgewiesen, dass eine relevante Irreführung der Verkehrskreise “Nutzer von Branchenbüchern/Branchenverzeichnissen" vorliegt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Schwerpunkt
der Brancheneinträge auf Homepages und e-Mail Adressen liegt, wie dies der Beklagte von seinem Verzeichnis behauptet (S. 3). Zunächst wird bestritten, dass das gegnerische Verzeichnis im
Wesentlichen Hompages und e-mail Adressen verzeichnet. Die mit der Klage vorgelegten Stichproben von Einträgen aus der Adressenliste des Beklagten belegen dies jedenfalls nicht: So wird lediglich zu einer
von neun bei dem Beklagten verzeichneten Apotheken ein Link zur Homepage angeboten (Dies ergibt sich aus der Unterstreichung des Apothekennamens) - Anlage K 13. Zu drei dieser Apotheken wird
darüber hinaus auch keine e-mail Adresse angegeben. Zu den beiden einzigenverzeichneten Augenoptikern wird weder Homepage noch e-mail Adresse angegeben. Lediglich zu zwei von 18
Architekturbüros gibt der Beklagte eine Homepage an. Bei vier dieser Büros gibt es auch keine e-mail Adresse. Bereits hieraus ergibt sich, dass die von dem Beklagten angeführte Differenzierung nicht existiert.
Höchst vorsorglich sei darüber hinaus vorgetragen, dass der Verkehr eine solche (behauptete) Differenzierung ohnehin nicht nachvollziehen würde. Im Übrigen wäre die Irreführung dann sogar noch
größer als bislang angenommen. Weil er seine Liste dann “Internetliste" oder ähnliches nennen müsste, um dem (behaupteten) Inhalt gerecht zu werden.
Sollte die Irreführung hinsichtlich der Produktangabe bezüglich anderer Branchen tatsächlich anders eingeschätzt werden, wie dies der Beklagte auf Seite 6 seines Gesuchs vorträgt, sei vorsorglich darauf
hingewiesen, dass dies hier nichts zur Sache tut. Wir haben nachgewiesen, dass die hier relevanten Verkehrskreise irregeführt werden. Wie sich dies etwa in der Branche der Autovermietungen darstellt
spielt keine Rolle.
Schließlich ist auch das von dem Beklagten angeführten Urteil des LG Frankfurt vom 15.10.1997 (Az. 2/6 O 300/97) vorliegend nicht entscheidend, denn der “Hinweis" auf
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der Website des Beklagten ist nicht ausreichen, eine Irreführung des Verkehrs im Hinblick auf die Unvollständigkeit auszuschließen. Die Liste des Beklagten gehört nicht zur Gattung
“Branchenbuch/Branchenverzeichnis". Hieran ändert auch ein “Hinweis" nichts. Allein dies ist entscheidend.
Bei der Adressenliste des Beklagten handelt es sich um eine äußerst unvollständige Sammlung verhältnismäßig weniger bestellter Adressen. Diese simple Sammlung von Adressen ist daher ihrer Art
nach nicht der Gattung “Branchenbuch" zuzuordnen, sondern der Gattung einer simplen “Adressliste" oder “Adresssammlung". Sie darf daher auch nicht mit dem Begriff “Branchenbuch" bzw.
“Branchenverzeichnis" bezeichnet und beworben werden. Hierdurch werden die Verbraucher über die Art des Produkts und dessen Gattungszugehörigkeit erheblich getäuscht (vgl. Baumbach/Hefermehl, § 5
UWG Rdnr. 4.128; vgl. auch Fezer/Pfeifer, § 5 Rdnr. 266f).
Daher ist antragsgemäß zu entscheiden.
Dr. J. F.
Rechtsanwalt
Anlagen K 16 bis K 19